Karl von Gähler (1876-1927) – eine Spur in die Vergangenheit

Abb. 1: Geschäftsbrief Bbr. RA Karl v. Gähler, Straubing, gestempelt 05. August 1911.

Als seltene Spur in die Vergangenheit und Gründerzeit der Gothia konnte kürzlich ein Geschäftsbrief unseres Mitgründers Bbr. Karl von Gähler (v/o Fässle) aus dem Jahre 1911 aufgespürt und für das Archiv erworben werden (Abb. 1). Bbr. von Gähler hatte nicht nur eine beeindruckende Körpergröße, sondern auch viel Tatkraft, wie dies Richard Baumann in seinem Buch zum 100. Gründungsjubiläum Gothiae mit einer Episode aus dessen Würzburger Studentenzeit eindrücklich belegte (Abb. 2). Bbr. von Gähler scheute sich wohl hier auch nicht, Risiken einzugehen, denn es ging offenbar neben Persönlichem auch darum, der jungen Verbindung den nötigen Respekt bei den Mitstudenten zu verschaffen. Da man für die Recherche zur Biographie und Verbindungszeit v. Gählers coronabedingt derzeit nicht auf das Gothenarchiv zurückgreifen kann, sind neben Baumanns Gothengeschichte noch einige über das Internet erhältliche Daten genutzt worden, um ihn an dieser Stelle kurz vorzustellen.1
Bundesbruder Karl v. Gähler (1876-1927) war junger Jurastudent in Würzburg und gerade erst 19 Jahre alt, als er schon Mitgründer Gothiae wurde. Schaut man sich die Gründerstudenten von 1895 an, so waren diese meist zwischen 20 und 25 Jahre alt, Joseph Gass schon 28, also eine reine „Jungmanschannschaft“, die ohne Unterstützung philistrierter „alter Semester“ mit viel Dynamik zur Neugründung eines Vereines schritt. Die Rolle einer Verbindung für das allgemeine Studentenleben hat sich seit dieser Zeit deutlich gewandelt. Damals, in einer Zeit ohne Radio oder Television und Internet, das alle und alles global verbindet und in Beschlag nimmt, war die Verbindung für den einzelnen Studenten zentraler Stützpunkt für das Überleben an der Universität, gemeinschaftliche Stütze des Studiums, aber vor allem und fast konkurrenzlos auch der Mittelpunkt des täglichen sozialen und geselligen Lebens. Die Theologen konnten hier dem strengen Reglement des „Kastens“ entfliehen. In der Frühzeit gab es bei Gothia sogar eine kleine Theaterbühne zur Unterhaltung, die selbst bespielt wurde.1 Selbst die erst später und nach dem 1. Weltkrieg vermehrt aufkommenden sportlichen Aktivitäten der Jungakademiker wurden über die Verbindung organisiert. Bei damals kleiner Professoren- und Studentenzahl der Universitäten wurde die Verbindungsmitgliedschaft auch weitaus mehr beachtet und beobachtet, da sie ein gewisses politisches und gesellschaftliches Markenzeichen und öffentliches Bekenntnis darstellte, das persönlich verpflichtete, aber auch allgemein Ansehen vermittelte.

Abb. 2: Bbr. Karl v. Gähler (links) mit Bbr. Ludwig Herzig.1

Nur so ist zu verstehen, dass sich die jungen Gründer neben dem Interesse am Lebensbund im entscheidenden Moment so rasch und problemlos zu einer neuen Verbindung zusammenfinden konnten und anstelle dessen nicht anderen privaten Interessen und alternativen Freizeitbeschäftigungen nachgingen. Es hat funktioniert. Und der junge Karl von Gähler war mit dabei und blickte so wie auch alle nachfolgenden Studentengenerationen wohl mit Respekt auf die höheren Semester bei Gothia, die schon mehr universitäre Erfahrungen als er hatten. Was würden 20-30 Studenten aller Fakultäten heute spontan neu gründen? Die Antwort fällt nicht leicht. Gesellige Vereine stünden vermutlich nicht mehr auf der Hitliste. Jedoch hat das für Gothia so wichtige Gemeinschaftsleben damit nicht an Bedeutung verloren und es bleibt uns dank internetbasierter Kommunikationsformen auch während der Coronapandemie zum Glück erhalten.

Die Familie v. Gähler stammte ursprünglich aus Schleswig und wurde dort 1749 in den dänischen Adelsstand erhoben.2 Nachkommen verschlug es in napoleonischer Zeit nach Ansbach in Bayern. Karls Großvater war als Offizier in Würzburg stationiert, wo Karls Vater Franz 1864 studierte und 1875 eine Würzburgerin heiratete.3-5 Irgendwann muss es in der ursprünglich wohl protestantischen Familientradition auch zu einem Konfessionswechsel gekommen sein. Dies geschah in damaliger Zeit oft aus Anlass der Hochzeit oder bei der Kindstaufe. Somit war Karl von Gähler in seiner Geburtsstadt Würzburg bereits gut verwurzelt und ging hier vermutlich auch aufs Gymnasium bevor er das Studium an der Universität aufnahm. Nach einer weiteren Studienzeit in München ließ sich Bbr. v. Gähler dann als angesehener Rechtsanwalt in Straubing nieder und wurde Justitzrat.5 Er heiratete 1902 und 1905 findet sich sein Name als Mitglied des Straubinger Schachvereins.6 Sein Tod mit nur 52 Jahren kam unerwartet früh.

Literatur / Quellen:
1 Baumann R., Gothia sei’s Panier. 100 Jahre KDStV Gothia im CV 1895-1995; Würzburg 1995, S. 20.
2 Webseite: https://finnholbek.dk/getperson.php?personID=I63110&tree=2, konsultiert 17.02.2021.
3 Handbuch des Königreichs Bayern. München, 1842.
4 Personalbestand der Königlich-Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg im Sommer-Semester 1864, Würzburg 1864.
5 Personalakte im bayerischen Hauptstaatsarchiv (BayHStA, MJu 20744).
6 Der internationale Schachkongress des Barmer Schachvereins 1905, Edition Olms, Zürich 1984.

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